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#sunwards - Elternzeitreise um die Welt | Woche 6

Die zweite Halbzeit unserer  gemeinsamen Elternzeit beginnt mit dem Geruch verdorbener Eier. Wir sind vom Tongariro Nationalpark aus weiter in Richtung Norden gefahren und nun in Neuseelands Vulkanlandschaft. In der Nähe des Kratersees Lake Taupo (ein Kratersee, der fast 100 km2 größer ist als der Bodensee) machen wir Mittagspause an den Huka Falls. Der zunächst 100 Meter breite Waikato River muss hier durch einen nur 15 Meter breiten Durchbruch. In nur einer Sekunde stürzen bis zu 200.000 Liter Wasser 11 Meter tief über die Klippe. 

Blub, blub, blub

Nur einen Katzensprung entfernt von den Wasserfällen machen wir einen Verdauungsspaziergang durch die „Craters of the Moon“. Kochende Schlammkrater und dampfende Erdlöcher mit leicht schwefelhaltigem Nebel machen uns bewusst, wie unermüdlich die Energie unter unseren Füßen zu sein scheint.

Am Abend machen wir uns es zu Dritt in einem 38 Grad warmen Thermalpool gemütlich. Im Waikite Valley Campingground ist der Eintritt in die Poollandschaft bereits in der Übernachtungsgebühr enthalten, mit dem Vorteil, dass man am Morgen bereits drei Stunden vor der offiziellen Öffnungszeit ein Bad nehmen kann. Nach einem Frühstück mit einer Hamburger Familie, die ebenfalls in Elternzeit ist und einem deutschen Pärchen, das schon seit über einem Jahr reist, fahren wir weiter zum Waimangu Valley.

 

Die Besonderheit an diesem 17 Kilometer langen Tal ist, das es innerhalb von nur einer Nacht durch den Ausbruch des Mount Tarawera im Juni 1886 entstand und damit das jüngste Thermalgebiet der Welt ist. Leider sind durch den Ausbruch auch die Pink and White Terraces zerstört worden, damals die wichtigste Touristenattraktion Neuseelands und einst achtes Weltwunder. Einige Jahre später erlosch auch der Waimangu-Geysir, mit einer Fontäne von über 400 Metern einst der höchste Geysir weltweit.

 

Doch nicht weniger spektakulär ist das, was bis heute zu sehen ist. Die Regenwanderung führt uns vorbei an dem größten Thermalsee der Welt (Durchschnittstemperatur 55 Grad, Ph-Wert 3,5, 200.000 m3 Wasser),  einem türkisfarbenen und sehr heißen (ca. 80 Grad) und sauren (Ph-Wert von 2,1) See, der als „größtes geysirartiges Gebilde der Welt“ bezeichnet wird und zahlreichen Dampflöchern und Schlammtöpfen. Wir fragen uns, wie es sein kann, dass es in diesem Land so ziemlich alle Naturwunder gibt.

Den Tag und den Besuch im Vulcanic Valley beenden wir am Fuße der Redwoods in Rotorua. Die gigantischen Maße der Californian Coast Redwood Bäume lassen uns wie Legomännchen daneben aussehen und geben im Abendlicht ein fast mystisches Motiv her.

In den Redwoods bei Rotorua.
In den Redwoods bei Rotorua.

Coromandel Days

Nachdem wir die Nacht auf einem Drogenumschlagparkplatz in Tauranga verbracht haben, fahren wir weiter Richtung Coromandel Peninsula. Dort besuchen wir den berühmten Hot Water Beach, einen Strand bei dem man sich seinen eigenen Thermalpool schaufeln kann. Allerdings ist das finden dieser Quellen direkt am Strand mit viel Trial & Error verbunden und selbst wenn eine Quelle gefunden wurde, ist nicht garantiert, dass das herausfließende Wasser auch warm oder nicht zu heiß ist. Es ist irgendwie so ein typisches Touri-Ding mit überteuerten Parkplätzen und Abzocke bei der Vermietung von Schaufeln. Unser eigentliches Ziel ist Hahei, wo uns ein traumhaft schöner Strand direkt am fast leeren Campingplatz erwartet. Von hier aus wandern wir zur Cathedral Cove, eine begehbare Höhle in der eine Kirche Platz finden würde. Der benachbarte Te Hoho Rock ist aber nicht weniger beeindruckend. Scheinbar schwebend sitzt er auf dem Wasser und bietet bei der Durchquerung der Höhle einen phänomenalen Hintergrund. 

Zurück auf dem Campingplatz stellen wir fest, dass es keinen Aufenthaltsraum zum Essen gibt, so dass wir kurzerhand in den eines zum Campingplatz gehörenden Feriendorfs gehen und prompt darauf hingewiesen werden, dass dieser nicht für Camper ist. Da die Kleine nach dem Spielplatz aber völlig unterkühlt ist, bleiben wir trotzdem zum Essen dort, beschließen aber, direkt am nächsten Tag weiterzufahren. Es gibt Orte, da muss man nicht länger bleiben und es gibt welche, an denen man irgendwie die Gemütlichkeit, Einsamkeit und Ruhe spürt. Man möchte einfach hier bleiben. So ein Ort ist Whangapoua. Whanga-Wer? Es war ein Tipp von unserem AirBnb-Host in Sydney. Bei einem Strandspaziergang sammeln wir Muscheln und lassen die Kleine im Sand spielen, schauen aufs Meer und genießen diese fast magische Atmosphäre bevor wir einige Stunden später weiter an die Westküste der Halbinsel zu unserem Übernachtungsplatz fahren.

Geschichtsstunde an der Bay of Islands

Am Freitag fahren wir die bisher längste Strecke. Es geht von der Coromandel Halbinsel bis ins Northland nach Paihia (356 Km). Unterwegs halten wir in Warkworth zum Lunchen und passieren das Städtchen Kawakawa mit Neuseelands meistfotografierter Toilette und gleichzeitig der Ort, wo der Künstler Friedensreich Regentag Dunkelbunt Hundertwasser (heißt wirklich so) 2000 begraben wurde. Unser Ziel ist Paihia, ein malerisch gelegener Ort an der Bay of Island.

 

An einem sonnigen Vormittag setzen wir mit der Fähre über nach Russell. Das Dorf (Stadt wäre hier eine Übertreibung) war 1840 kurz Hauptstadt Neuseelands und wurde aufgrund seiner „Gäste“ (australische Sträflinge und andere raue Ganoven) das „Höllenloch des Pazifik“ genannt. In Russell steht auch die älteste erhaltene Kirche Neuseelands. Im Anschluss werden wir von unserem Ausflugsboot abgeholt. Gleich zu Beginn wird uns gesagt, dass es an diesem Tag wetterbedingt keine Fahrten zum Hole in the Rock gibt, eine einzigartige Felsformation vor der Küste im Pazifik. Doch genauso schnell wie sich hier das Wetter ändert, ändern sich die Pläne und so fahren wir schaukelnd auf der Tasmanischen See dem Hole in the Rock entgegen und versuchen sogar eine Durchfahrt, was der Kapitän dann aber doch abbricht. Unterwegs sehen wir bestimmt ein halbes Dutzend Delfine, die sich unserem Boot immer wieder nähern und mit kleinen Sprüngen aus dem Wasser Kunststücke zum Besten geben. Von mir aus hätten wir noch viele weitere Stunden dem Treiben zuschauen können. Sie sind und bleiben meine absoluten Lieblingsmeeresbewohner!

Nach einem Morning Run und dem Besuch des Gottesdienstes in der Baptistengemeinde, wo wir die Quickbornerin Lisa kennenlernten, besuchen wir die Waitangi Treaty Grounds. Eigentlich handelt es sich dabei um das alte Landgut der Familie Busby. James Busby schaffte es an diesem Ort, einen Vertrag zwischen Briten und Maori geltend zu machen, der das Land in die Unabhängigkeit führte und beiden Völkern die Grundlage  für ein friedliches Zusammenleben brachte. Heute leben Maori und „Weiße“ Seite an Seite. Maori sind in der Regierung vertreten, der größte Berg hat einen offiziell anerkannten Doppelnamen – Aoraki/Mt. Cook – und überall sind Haere mai und Kia Ora gängige Begrüßungsfloskeln. Als krönender Abschluss unseres Besuchs an der Bay sehen wir einer traditionellen Maori-Zeremonie zu. 

Die Woche beenden wir auf der kleinen Halbinsel Aroha, wo wir wieder direkt am Wasser campieren. Bei einer Nachtwanderung durch den Busch begeben wir uns auf die Suche nach einem Kiwi-Pärchen, das hier leben soll. Doch bis auf einen verdächtigen Schatten sowie ein Knistern und Rascheln im Geäst bemerken wir nichts. Aber bei den vielen Eindrücken in dieser Woche lässt sich das ganz gut verschmerzen.

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